Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weltweit 325 Millionen Menschen mit einer Virushepatitis leben, davon 257 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis-B- und 71 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis-C-Infektion. Allein in Deutschland leiden schätzungsweise zwei Millionen Menschen an einer chronischen Lebererkrankung. Voraussetzung für die erfolgreiche Bekämpfung der Hepatitis ist neben Prävention eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung.
zuletzt überarbeitet September 2021
Im Jahr 2016 rief die WHO einen Aktionsplan ins Leben, um Hepatitis B und C bis 2030 weltweit einzudämmen bzw. zu eliminieren. In Deutschland sagten bereits 2013 federführende Organisationen in Sachen Lebergesundheit wie etwa die Deutsche Leberstiftung und die Deutsche Leberhilfe mit einem nationalen Aktionsplan der Hepatitis den Kampf an.
In Deutschland ist aufgrund epidemiologischer Daten davon auszugehen, dass Hunderttausende mit Hepatitis B oder C infiziert sind. Davon geht die Deutsche Leberhilfe e.V. aus. Die die Bundesregierung schätzt die Zahl der chronisch von Hepatitis B oder C Betroffenen auf jeweils rund 300.000. Dazu kommt: Nicht alle Menschen mit einer Hepatitis-Infektion wissen, dass sie sich mit Hepatitis angesteckt haben. Sie können die Erkrankung ungewollt weitergeben – und müssen mit einem deutlich erhöhten Krebsrisiko leben.
Am häufigsten stecken Menschen in Deutschland sich mit Hepatitis A an – in der Regel auf Reisen. Meistens sind verschmutztes Trinkwasser oder Nahrungsmittel die Ursache. Die Infektion heilt normalerweise vollständig aus; wer sie überstanden hat, bleibt sein Leben lang immun. Bei Hepatitis B und C besteht jedoch die Gefahr, dass die Infektion dauerhaft im Körper verbleibt. In Deutschland leben nach Schätzungen von Experten insgesamt etwa 600.000 Menschen mit diesen chronischen Lebererkrankungen. Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass etwa je die Hälfte, also jeweils 300.000 Betroffene, an chronischer Hepatitis B bzw. chronischer Hepatitis C erkrankt ist. Das Heimtückische daran: Hepatitis-Infektionen verlaufen oft ohne klare Symptome. Daher wissen viele nicht einmal von ihrer Erkrankung. So geht das Robert Koch Institut (RKI) davon aus, dass nur jedem vierten mit Hepatitis-B-Infizierten sein Leiden auch bekannt ist. Und Hepatitis C verläuft in 75 Prozent aller Fälle ebenfalls unbemerkt.
Bleibt eine Diagnose aus, entfällt auch die Möglichkeit, die Hepatitis-Infektion erfolgreich zu bekämpfen. Ohne Behandlung nimmt etwa eine Hepatitis C in 50 bis 85 Prozent der Fälle einen chronischen Verlauf. Diese dauerhafte Infektion macht ebenfalls nur selten Beschwerden – schädigt aber über Jahre und Jahrzehnte die Leber. So treibt eine unbehandelte chronische Hepatitis C das Risiko für schwere Lebererkrankungen deutlich in die Höhe. 15 bis 30 Prozent der Menschen mit chronischer Hepatitis C entwickeln innerhalb von 20 Jahren eine Leberzirrhose; diese wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, an Leberkrebs zu erkranken, um bis zu vier Prozent pro Jahr. Nach Angaben der Deutschen Leberstiftung gehen zudem 80 Prozent aller Leberkrebsfälle weltweit auf eine chronische Infektion mit Hepatitis B zurück.
"Durch frühzeitige Abklärung von Leberwerten könnte man leicht feststellen, ob das Risiko einer solchen Infektion vorliegt oder nicht. Damit wäre eine viel bessere Vorbeugung von Leberkrebs möglich.“
Privatdozent Dr. Anton Gillessen, Vertreter der Deutschen Leberhilfe e.V.
Quelle: Aktionsplan nationale Strategie gegen Virushepatitis in Deutschland
Von wegen Rotlichtkrankheit: Um sich mit Hepatitis anzustecken, kann schon der Eiswürfel im Strandcocktail reichen, das leckere Muschelgericht oder das neue Tattoo. Unsauberes Wasser, mangelnde Sanitäranlagen, schlechte Hygienebedingungen und nicht gekochte Speisen sowie manche Meeresfrüchte übertragen Hepatitis-Viren. Allein mit Hepatitis B steckt man sich in erster Linie über Sexualkontakte an.
Für alle Hepatitis-Infektionen aber gilt gleichermaßen: Früh erkannt lassen sich Leberentzündungen effektiv behandeln, manchmal gar heilen. Für Hepatitis C-Infizierte stehen die Chancen für eine Heilung innerhalb der ersten vier Monate nach der Ansteckung besonders gut. So gehen die Autoren des „Aktionsplans Nationale Strategie gegen Virushepatitis in Deutschland“ davon aus, dass mit den zurzeit verfügbaren Medikamenten bei bis zu 90 Prozent der Patienten die Leberentzündung sogar ausheilen kann. Selbst Patienten, die sich mit dem extrem aggressiven Hepatitis B-Virus angesteckt haben, können ihr Risiko für tödliche Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose oder Leberkrebs durch eine frühzeitige Behandlung erheblich reduzieren. Voraussetzung: Die Infektion wird früh erkannt und richtig behandelt.
„Wir haben jetzt für die Therapie der von Hepatitis B-Virusinfektionen die perfekten Therapien verfügbar. Sie wirken bei praktisch jedem Patienten und verhindern, dass die Patienten zum Beispiel eine Leberzirrhose (Vernarbung des Lebergewebes) bekommen. Wir können damit auch das Risiko für das nächste Stadium, den Leberkrebs, dramatisch reduzieren.“
Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, Leitender Oberarzt an der Medizinischen Hochschule Hannover und Koordinator wissenschaftlicher Projekte der Deutschen Leberstiftung
Quelle: Aktionsplan nationale Strategie gegen Virushepatitis in Deutschland
Ihre Leberwerte sollten Patienten daher regelmäßig prüfen lassen, auch wenn sie keine akuten Beschwerden verspüren. Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) forderte im Mai 2013 zum wiederholten Male, die Bestimmung des Leberwerts ALT (Alanin-Aminotransferase) in den Gesundheits-Check-up aufzunehmen.
Diese Vorsorgeuntersuchung bietet die gesetzliche Krankenversicherung allen Mitgliedern ab 35 Jahren an. Bisher wird das Blut dabei nur auf Anzeichen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes untersucht. Die Laboruntersuchung der Leberwerte müssen Patienten als individuelle Gesundheitsleistung noch selbst bezahlen.
In einer Studie untersuchte Prof. Dr. Kramer, Beirat des IPF, Facharzt für Labormedizin und Innere Medizin und ärztlicher Leiter sowie Geschäftsführer des LADR Laborverbundes Dr. Kramer & Kollegen, mit einem LADR-eigenen Team und Kooperationspartnern, ob es sinnvoll sein kann, Labortests auf Hepatitis C in die Präventionsleistung Gesundheits-Check-up aufzunehmen. Die Ergebnisse der Studie untermauern die Forderung nach einem Hepatitis-C-Screening: „Ohne Therapie führt die chronische Hepatitis C-Infektion nach Jahren zum Leberzellkrebs oder zur Leberzirrhose – beides Erkrankungen, die sich erst in einem sehr späten Stadium mit Symptomen bemerkbar machen. Dazu kommt: Noch vor kurzem war Hepatitis C nur bei einem Teil der Patienten heilbar, viele Betroffene erkrankten trotz Diagnose an den bereits erwähnten Folgen. Durch die neuen Therapiemöglichkeiten besteht jetzt Aussicht auf Heilung für einen Großteil der Erkrankten“, so Kramer.
„Unter den verschiedenen Leberwerten ist die ALT zur Früherkennung besonders gut geeignet, da sie frühzeitig im Blut nachweisbar ist. Die ALT-Testung ist zudem einfach, in jedem Diagnostik-Labor als Standard etabliert und extrem kostengünstig.“
Professor Dr. med. Steffen Zeuzem, Direktor der Medizinischen Klinik 1 am Universitätsklinikum Frankfurt und Vorstandsmitglied der DGVS
Quelle: Ärztezeitung
Die Alanin-Aminotransferase, ALT, gehört zu den Enzymen, die in den Leberzellen Stoffwechselaufgaben erledigen. Ist die Leber geschädigt, gelangen diese Enzyme ins Blut. Im Labor können Mediziner sie dann in einer Blutprobe nachweisen. Statt ALT nutzen Mediziner oft auch das Kürzel GTP (Glutamatpyruvattransaminase). Beide Kürzel meinen dasselbe Enzym.
Stellt der Arzt im Labor erhöhte Leberwerte fest, sollten die Ursachen mit weiteren Tests konsequent abgeklärt werden. Nicht immer wird hinter den erhöhten Werten eine Hepatitis-Infektion stehen. Wenn jedoch Betroffene zuvor im Ausland auf Reisen waren, einen neuen Körperschmuck wie Piercing oder Tattoo tragen oder sich in ein ungeschütztes Liebesabenteuer gestürzt haben, sollte eine Hepatitis-Infektion unbedingt ausgeschlossen werden.
„Erhöhte Leberwerte werden häufig nicht konsequent und früh genug abgeklärt. Sie werden nicht so ernst genommen, und man schiebt es auf das Übergewicht oder den Alkoholgenuss.“
Privatdozent Dr. Anton Gillessen, Vertreter der Deutschen Leberhilfe e.V.
Quelle: Aktionsplan nationale Strategie gegen Virushepatitis in Deutschland
Jeder kann selbst dazu beitragen, sich gegen eine Infektion mit Hepatits zu schützen und die Viren unwissentlich weiterzugeben:
Versicherte ab 35 Jahren haben künftig einmalig den Anspruch, sich auf die Viruserkrankungen Hepatitis B und Hepatitis C im Rahmen des sogenannten Gesundheits-Check-Up (Gesundheitsuntersuchung) testen zu lassen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 20.11.2020 beschlossen. Damit sollen unentdeckte, weil zunächst symptomlos oder schleichend verlaufende Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) oder Hepatitis-C-Virus (HCV) erkannt werden. Das Screening wird ab Oktober 2021 Kassenleistung.