Brennen beim Wasserlassen, Schmerzen im Unterleib – und immer wieder der Drang auf die Toilette. Da liegt der Verdacht nahe: Harnwegsinfektion. In der Regel steckt eine schmerzhafte, aber nicht gefährliche Blasenentzündung hinter den Beschwerden. In manchen Fällen erreicht die Infektion jedoch auch die Nieren – dann kann sie eine Nierenbeckenvereiterung oder eine lebensbedrohliche Blutvergiftung nach sich ziehen. Stecken sich Patienten wiederholt an, kann ein Blasentumor die Folge sein. Grund genug, bei Symptomen frühzeitig zum Arzt zu gehen. Labortests klären, wie stark die Harnwege entzündet sind und welche Medikamente helfen.
zuletzt überarbeitet Februar 2020
Laut Experten der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. und des Berufsverbandes Deutscher Urologen e. V. gehören Harnwegsinfekte zu den sehr häufigen Infektionskrankheiten. Die Mediziner der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. gehen davon aus, dass 50 bis 70 Prozent aller Frauen in Deutschland mindestens einmal im Leben an einer Harnwegsinfektion erkranken. Jungen und Männer schützt ihre Anatomie besser gegen Infekte. Ab einem Alter von 60 bis 70 Jahren sind aber auch sie häufiger betroffen. In der Regel steigert eine vergrößerte Prostata das Infektionsrisiko. Die Blase kann sich dann nicht mehr vollständig entleeren.
Am häufigsten lösen E.coli-Bakterien und Enterokokken Harnwegsinfektionen aus. Normalerweise bewohnen diese Bakterien den menschlichen Darm und sind dort völlig harmlos. Wandern sie jedoch vom Darmausgang zur Harnröhre, können sich die Harnwege entzünden.
Seltener sind Erreger wie Hefepilze, Chlamydien oder Gonokokken, die unter anderem beim Sex übertragen werden. Kondome schützen vor einer Ansteckung.
Der Harntrakt des Menschen bezeichnet den Bereich im Körper, in dem Urin entsteht, gespeichert und ausgeschieden wird. Dieser umfasst Nieren, Harnleiter, Blase und Harnröhre. Harnwegsinfektionen betreffen meistens nur Teilbereiche. Je nach Infektionsort unterscheiden Mediziner zwischen unteren Harnwegsinfekten (Harnwegsentzündung, Blasenentzündung) und oberen Harnwegsinfekten (Nierenbeckenentzündung). Die Bakterien können sich aber auch über den gesamten Harntrakt ausbreiten.
Die Nieren sind Hochleistungsorgane: Sie filtern rund 180 Liter Harn pro Tag aus dem Blut. Dieser sogenannte Primärharn besteht aus Wasser und zahlreichen darin gelösten Stoffwechselsubstanzen. Was der Körper davon nicht mehr benötigt, gilt als Sekundärharn oder Urin und sammelt sich in der Harnblase an.
Eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) entsteht in der Regel aus einer aufsteigenden Harnwegsinfektion. Bakterien wandern von der Harnröhre über Blase und Harnleiter in die Niere und vermehren sich dort. Betroffene verspüren schmerzhaften und häufigen Harndrang, bekommen hohes Fieber bis 40 Grad, leiden unter Schüttelfrost und Abgeschlagenheit sowie Rücken- und Flankenschmerzen.
Um eine Nierenbeckenentzündung festzustellen, lässt der Arzt eine Urinprobe im Labor untersuchen. Die Labormediziner bestimmen dann die Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und der Bakterien. Zu hohe Werte weisen auf eine Infektion hin. Zusätzlich kann der Arzt auch den Kreatininwert im Urin bestimmen lassen. Er zeigt an, ob bzw. wie sehr die Entzündung die Nierenfunktion geschädigt hat.
Auch Blutproben helfen bei der Diagnose. Mit einem Blutbild oder einer Blutsenkung kann der Arzt feststellen, wie schwer die Entzündung ist.
Mit einer Bakterienkultur aus dem Urin identifizieren die Labormediziner die auslösenden Erreger, so dass der Arzt das passende Antibiotikum auswählen kann.
Die Harnleiter führen von den Nieren in die Harnblase. Durch sie gelangt der Urin in die Blase. Ist diese gefüllt, schließen sich die Harnleiter automatisch und verhindern, dass die Flüssigkeit in die Nieren zurückfließt.
Steigen Bakterien in die Harnleiter auf, können sich die inneren Schleimhäute der Muskelschläuche entzünden. Die Symptome ähneln denen einer Nierenbeckenentzündung: Schmerzen aus der Nierengegend strahlen in Rücken und Bauchraum aus, der Unterleib fühlt sich häufig verkrampft an. Zusätzlich können Schmerzen beim Wasserlassen auftreten. Betroffene leiden oft auch unter Fieber und Schüttelfrost.
Mediziner gehen davon aus, dass eine Harnleiterentzündung fast immer zusammen mit einer Blasenentzündung auftritt. Wenn also zusätzlich zu den typischen Symptomen einer Blasenentzündung Bauch und Rücken schmerzen, liegt wahrscheinlich eine Harnleiterinfektion vor.
Mit Urin- und Bluttests klärt der Arzt, ob in den ableitenden Harnwegen eine bakterielle Entzündung vorliegt. Erhöhte Leukozytenzahlen (Anzahl der weißen Blutkörperchen), Bakterien im Urin sowie eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit deuten darauf hin.
Eine Urinkultur im Labor bestimmt, welche Erreger die Entzündung auslösen, so dass der Arzt das passende Antibiotikum verordnen kann.
Die Blase ist im Prinzip ein hohler Muskel und enorm elastisch: Im Durchschnitt kann sie 400 bis 700 Milliliter Urin speichern. Wenn es sein muss, passen bis zu zwei Liter in das Organ. Dabei verhält sich die Blase wie ein Luftballon: Leer gleicht ihre Form einer flachen Schale. Füllt sie sich mit Urin, wird sie kugelrund.
Wandern Bakterien über die Harnröhre in die Blase, können sie sich im Blasengewebe festsetzen und zu Entzündungen führen (Zystis). In seltenen Fällen verursachen auch Viren, Parasiten oder Pilze die Zystis.
Im Winter steigt das Risiko: Kalte Temperaturen schwächen die Abwehr, Bakterien setzen sich schneller an der Blasenwand fest. Zusätzlich reduziert Kälte im Beckenbereich die Durchblutung – die weißen Blutkörperchen können Bakterien weniger aktiv bekämpfen. Auch wer nach dem Schwimmen lange in feuchten Badesachen herumläuft oder zu oft auf kalten Steinen und Wiesen lagert, riskiert eine Zystis.
Typische Beschwerden sind Brennen beim Wasserlassen, ständiger Harndrang, bei dem aber nur geringe Urinmengen ausgeschieden werden, und Druckschmerz im Unterleib. Auch Blut im Urin kommt vor
Um eine Blasenentzündung eindeutig festzustellen, lässt der Arzt eine Urinprobe im Labor untersuchen. Die Anzahl der Bakterien, der weißen und roten Blutkörperchen sowie Pilze im Harnsediment geben wichtige Hinweise auf eine Infektion. Leiden Patientinnen und Patienten zusätzlich zu den typischen Symptomen an hohem Fieber, können Labormediziner auch die Entzündungswerte im Blut prüfen.
Mittels einer Urinkultur ermitteln Labormediziner den Erregertyp und testen, auf welche Antibiotika er anspricht. Der behandelnde Arzt verschreibt dann den passenden Wirkstoff.
Die Harnröhre bildet den letzten Abschnitt des Harnsystems. Durch sie gelangt der Urin aus dem Körper. Aufgrund der Geschlechtsanatomie (Vagina bzw. Penis) sind die Harnleiter bei Frauen und Männern unterschiedlich lang.
Die Harnröhre ist gewissermaßen das Einfallstor für Harnwegsinfektionen: Sie bildet den Weg von außen zur Blase. Am häufigsten entsteht eine Harnröhrenentzündung (Urethritis) durch eine Infektion mit Bakterien, Pilzen oder Viren.
Betroffene leiden unter Schmerzen beim Wasserlassen und gesteigertem Harndrang. Häufig tritt außerdem ein glasig-trüber oder eitriger Ausfluss auf. Außerdem kann die Harnröhrenmündung äußerlich sichtbar gerötet oder entzündet sein. Weil die männliche Harnröhre länger ist als die weibliche, treten die Beschwerden bei Männern deutlich ausgeprägter auf.
Um Entzündungsanzeichen in der Harnröhre festzustellen, braucht es einen Abstrich von der Harnröhre. Mit der Gewebeprobe können Labormediziner Bakterien und Pilze nachweisen. Falls Bakterien die Entzündung in der Harnröhre verursachen, wird der Erreger mittels Urinkultur bestimm
Die weibliche Harnröhre misst in der Länge lediglich drei bis vier Zentimeter. Bei Männern ist sie mit 20 bis 25 Zentimetern deutlich länger. Aufgrund des kürzeren Wegs, sind Frauen wesentlich gefährdeter, sich über die Harnwege zu infizieren als Männer: 95 Prozent aller Harnwegsinfektionen treten bei Frauen auf. Ausnahme: die Harnröhreninfektion. Sie trifft bei Männern und Frauen gleich häufig auf.
Natürlich gehört regelmäßiges Waschen und Duschen zur Körperhygiene. Wer zu viel Seife, Intimlotion oder Intimsprays benutzt, kann allerdings die natürliche Schutzfunktion der Schleimhäute schädigen. Das saure Scheidenmilieu erschwert es den Erregern, in die Harnröhre einzudringen.
Eine Ursache für Harnröhren- und Blasenentzündungen kann auch (zu) viel Sex sein. Harnröhreninfektionen kommen häufig bei 20- bis 24-Jährigen vor. Experten erklären dies damit, dass diese Altersgruppe sexuell besonders aktiv ist. Kondome schützen Liebende davor, sich anzustecken. Mediziner bezeichnen eine Blasenentzündung auch als Honeymoon-Zystis, wenn sie durch sehr häufigen Sex entsteht. Durch die Bewegungen des Penis wandern die Erreger in die Harnröhre und bis zur Blase vor.
Experten raten davon ab, eine Blasenentzündung gleich mit Breitbandantibiotika zu behandeln: Unspezifische Wirkstoffkombinationen tragen dazu bei, dass immer mehr Bakterienstämme gegen die Medikamente resistent werden. So versagen klassische Breitbandantibiotika wie Ampicillin bereits bei fast jedem vierten von zehn Erregern.
Schwangere sind besonders anfällig für Harnwegsinfektionen: Die Harnwege erweitern sich, so dass Erreger leichter eindringen und aufsteigen können. Zudem kann der dünnere Urin die Erreger schlechter ausscheiden.
Fünf bis zehn Prozent aller Schwangeren entwickeln eine asymptomatische Harnwegsinfektion: Sie fühlen sich trotz Entzündung nicht krank und verspüren keine Beschwerden. Das ist gefährlich: Unerkannt und unbehandelt weitet sich die Infektion bei 40 Prozent der Betroffenen zu einer Nierenbeckenentzündung aus. Auch das Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt sowie einer Präeklampsie steigt.
Experten empfehlen, zusätzlich zu den Urintests bei den obligatorischen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft zumindest einmal eine Urinkultur erstellen zu lassen – vorzugsweise um die 13. Schwangerschaftswoche.
Frauen haben nach der Menopause häufiger mit Harnwegsinfekten zu kämpfen. Grund dafür ist der abfallende Östrogenspiegel. Der Körper braucht eine gewisse Menge des Hormons, um das Scheidenmilieu schützen zu können. Durch die nachlassende Östrogenproduktion können Erreger nun leichter in Harnröhre und Blase eindringen. Das verlängert mitunter die Behandlung.
Manche Frauen bekommen sehr leicht einen Harnwegsinfekt, andere fast nie. Experten gehen davon aus, dass ein geschwächtes Immunsystem die Betroffenen anfälliger für die Infektionen macht. Neben chronischen Erkrankungen wie Diabetes können auch Medikamente, körperliche Überlastung oder Stress das Immunsystem schwächen.
Mediziner sind sich einig: Harnwegsinfektionen bei Männern sind meistens kompliziert. Deswegen sollten Ärzte immer ganz genau die Ursachen abklären. Denn laut Behandlungsleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie wird der Krankheitsverlauf häufig durch bestimmte Faktoren wie zum Beispiel Fehlbildungen, Vorerkrankungen oder das Alter der Betroffenen beeinträchtigt.
Grundsätzlich gilt: Männer erleiden deutlich seltener eine Infektion der Harnwege als Frauen. Sie sind besonders als Neugeborene, Kleinkinder und ab einem Alter von 50 Jahren betroffen. Im Säuglingsalter leiden sogar mehr Jungen als Mädchen an Harnwegsinfekten. Die Infektionen werden oft durch Fehlbildungen im Harntrakt ausgelöst. Wenn der Urin nicht frei abfließen kann, setzen sich Bakterien in den Harnwegen fest. Bei Männern über 50 Jahren gilt ein Prostataleiden als Hauptursache für eine Harnwegsinfektion.
Wer Probleme mit der Prostata hat, ist auch anfälliger für Infektionen der Harnwege. Zum einen kann eine vergrößerte Prostata den Harnabfluss stören, so dass Urin in der Blase bleibt – ein guter Nährboden für Bakterien. Auch eine akute oder chronische Entzündung der Prostata kann eine Blasenentzündung auslösen. Mediziner empfehlen, bei der Untersuchung immer auch die Prostata zu untersuchen.
Tritt eine Blasenentzündung alle paar Wochen oder Monate wieder auf, kann die Blasenschleimhaut dauerhaft Schaden nehmen. Auch das Risiko für Blasenkrebs steigt. Frauen sind gefährdeter als Männer, da sie eher zu wiederholten Infekten neigen. Mit Ultraschall, Blasenspiegelung und Labortests können Ärzte klären, ob ein Blasentumor hinter den wiederholten Blasenentzündungen steckt.
Als deutliches Symptom für einen Blasentumor gilt Blut im Urin. Das Problem: Auch bei völlig harmlosen Harnwegsinfekten kommt blutiger Urin häufig vor. Das kann die frühzeitige Diagnose von Blasenkrebs erschweren. So stellten US-amerikanische Forscher fest, dass Mediziner bei Patientinnen mit Blut im Urin deutlich häufiger eine Blasenentzündung als Ursache vermuteten als bei Männern. Die Krebsdiagnose und -therapie verzögerte sich entsprechend.
Nicht immer steht hinter chronischen Harnwegsinfektionen oder häufigen Rückfällen eine Krebserkrankung. Manche Erreger reagieren schlicht nicht mehr auf die verordneten Antibiotika. Oft verordnen Mediziner bei Blasenentzündungen ähnliche Wirkstoffklassen, so dass die Erreger Resistenzen entwickeln. Per Urinkultur können Labormediziner bestimmen, welche Erreger bei den Patientinnen die Infektion auslösen; ein Antibiogramm klärt, welche Antibiotika gegen die Erreger wirken.
Um einen Blasentumor aufzuspüren, können Fachärzte eine Urinprobe unter dem Mikroskop auf bösartig veränderte Zellen untersuchen (Urinzytologie). Im Frühstadium lassen sich Tumorzellen mit dieser Methode jedoch nur sehr schwer nachweisen. Frühzeitige Ergebnisse bringt ein Urintest, der doppelt so genau ist wie die Urinzytologie. Er spürt ein bestimmtes Protein oder Antigen auf, das Krebszellen vermehrt produzieren. Mit dem Test kann der Arzt auch Tumoren erkennen, die bei einer Blasenspiegelung nicht sichtbar sind.