Heutzutage ist es gang und gäbe, dass bakterielle Infektionen mit einem Antibiotikum behandelt werden. Seit Entdeckung des Penicillins vor rund 80 Jahren wurden viele antibiotische Wirkstoffe entwickelt, die zielgerichtet für die Behandlung verschiedenster bakterieller Erkrankungen eingesetzt werden können.
Zuletzt überarbeitet Oktober 2021
Die bakterielle Lungenentzündung ist die häufigste Form der Pneumonie. Es handelt sich um eine Infektion des Lungengewebes beziehungsweise der Lungenbläschen mit Bakterien. Sie kommt häufig im Winter vor, als Folgeerkrankung von bakteriellen Infekten der oberen Atemwege. Pneumokokken können ebenfalls Auslöser einer bakteriellen Lungenentzündung sein. In beiden Fällen kommen Antibiotika als Medikamente zum Einsatz.
Betroffen sind vor allem Kinder, Frauen und im fortgeschrittenen Lebensalter auch Männer. Darmbakterien sind die häufigste Ursache einer akuten, unkomplizierten Blasenentzündung, wobei Escherichia coli für die meisten Blaseninfekte verantwortlich ist. Die Therapie ist in der Regel antibiotisch. Eine gefürchtete Komplikation ist die Nierenbeckenentzündung, die mit hohem Fieber bis hin zur Blutvergiftung und Abszessbildung einhergehen kann.
Mit der Entdeckung des Penicillins im Jahre 1928 begann das sogenannte Antibiotika-Zeitalter. In den folgenden Jahren glaubte man, dass Infektionen durch Bakterien bald vollkommen bekämpft und somit der Vergangenheit angehören würden. Doch dieses Ziel konnte bis heute nicht erreicht werden. Viele Infek tionskrankheiten sind heute wieder auf dem Vormarsch.
Alle Lebensformen, ob Menschen, Tiere oder auch Bakterien, entwickeln ständig neue Mechanismen, um in einer sich stetig verändernden Umwelt zu überleben. Pilze und Bakterien bilden z. B. Substanzen, die schon in geringer Menge das Wachstum von anderen Mikroorganismen hemmen oder abtöten. Diese Stoffe nennt man Antibiotika.
Antibiotika werden heute biologisch oder synthetisch hergestellt und in der Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten des Menschen eingesetzt. Werden z. B. Menschen mit einer Gehirnhautentzündung nicht behandelt, sterben über 50 Prozent. Bei optimaler Behandlung mit Antibiotika können über 90 Prozent geheilt werden.
Es gibt eine Vielzahl von Antibiotika, die jeweils immer nur gegen eine gewisse Auswahl von Bakterien und niemals gegen alle wirken. Deshalb sollte der Krankheitserreger identifiziert werden, bevor mit der Therapie begonnen wird. Ein sogenanntes Antibiogramm ermöglicht dem Arzt, genau das Antibiotikum auszusuchen, das speziell bei der Infektion wirkt.
Grundsätzlich gilt:
Eine regelmäßig mit einem bestimmten Antibiotikum konfrontierte Bakterienart kann "dazulernen", indem sie sich verändert, dass das Antibiotikum nicht mehr wirken kann. Dadurch können sich die Krankheitserreger trotz antibiotische Behandlung ungestört weiter vermehren und so bei einer schweren Infektion des Menschen wie z.B. Lungenentzündung zum Tode führen.
Dieses Phänomen der erworbenen Widerstandsfähigkeit gegen ursprünglich wirksame Antibiotika nennt man Antibiotika- Resistenz. Diese kann von einer Generation auf die nächste oder sogar auf andere Bakterienarten weitergegeben werden. Bei Ansteckung werden dann diese veränderten „resistenten“ Bakterien von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Mensch übertragen.
In einigen Ländern sind aufgrund unsachgemäßer Anwendung dieser lebenswichtigen Arzneimittel (z. B. unnötige Gabe von Antibiotika bei Virusinfekten oder Gabe eines für eine spezifische Erregerart nicht hochwirksamen Präparates) die Resistenzraten schon so hoch, dass die Bakterien auf kein bekanntes Antibiotikum mehr ansprechen und den erkrankten Menschen medizinisch nicht mehr geholfen werden kann.
Auch in Deutschland ist dies ein Problem. Auf Grundlage einer Studie aus dem Jahr 2019, so das Robert Koch-Institut, ziehen sich hierzlande jedes Jahr etwa 400.000 bis 600.000 Krankenhauspatient*innen eine Infektion zu, zwischen 10.000 und 20.000 von ihnen sterben daran. Diese Infektionen werden immer öfter von Erregern ausgelöst, gegen die die üblichen Antibiotika nicht mehr wirken. Keime, die gegen ein oder gar mehrere Antibiotika Resistenzen entwickelt haben, stellen daher eine große Herausforderung für die Kliniken dar, zumal sie sich rasant ausbreiten.
Die große Mehrheit der Atemwegserkrankungen kann nicht mit Antibiotika geheilt werden, da ein viraler Infekt der Erkrankung zugrunde liegt. Denn Antibiotika wirken ausnahmslos nur bei bakteriellen Infekten. Der behandelnde Arzt kann daher im Vorfeld der Therapieentscheidung mit Hilfe einer Vorab-Diagnostik feststellen, ob eine bakterielle oder virale Infektion vorliegt.
Hierzu kann er entweder auf die Bestimmung des C-reaktiven Protein- (CRP-) oder Procalcitonin-(PCT-)Wertes zurückgreifen. Denn ist der jeweilige Wert im Blut des Patienten erhöht, deutet dies auf eine Entzündung im Körper hin, die eine bakterielle Ursache hat. Liegt ein viraler Infekt vor, sind die Werte hingegen nicht erhöht. Beide Labortests werden von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet und unterstützen den Arzt bei seiner Entscheidung, ob ein Antibiotikum zu verschreiben ist. Alternativ kann im Einzelfall auch ein direkter Nachweis eines bestimmten Erregers, z. B. während der Influenza-Saison, durchgeführt werden, wenn sich aus der Anamnese des Arztes bereits ein Indiz auf eine bestimmte Erkrankung ergibt.
Insbesondere bei schweren und komplizierten Infektionen oder bei Risikopatienten mit mehreren Grunderkrankungen ist es möglich, vor einer Antibiotika-Therapie den genauen Erreger und das Resistenzprofil bestimmen zu lassen, um zielgerichtet ein auf den Erreger zugeschnittenes Antibiotikum auswählen zu können. Mit Hilfe des im Labor erstellten Antibiogramms kann der Arzt das für diesen Erreger passende Antibiotikum, seine notwendige Dosierung und Behandlungsdauer auswählen. Durch diese genaue Therapieauswahl wird das Risiko weiterer Resistenzbildungen verringert. Der flächendeckende Einsatz sog. Breitbandantibiotika, die gegen eine Vielzahl an Erregern helfen, hat dies in der Vergangenheit stark befördert.
Die Verordnungen von Antibiotika durch niedergelassene Ärzte sind in den letzten Jahren in ganz Deutschland und für alle Altersgruppen signifikant zurückgegangen. Das zeigt eine 2019 veröfentlichte Versorgungsatlas-Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Wurden den GKV-Versicherten im Jahr 2010 noch 562 Verordnungen pro 1.000 Versicherte ausgestellt, waren es 2018 nur noch 446. Das ist ein Rückgang um insgesamt 21 Prozent. Besonders stark rückläufig (−41 Prozent) waren Verordnungen insbesondere für Kinder und Jugendliche (Alterssegment 0–14 Jahre). Bei Neugeborenen und Säuglingen (0–1 Jahr) wurde der deutlichste Rückgang beobachtet. Hier hat sich die Verordnungsrate von 2010 bis 2018 fast halbiert: Von 630 Verordnungen im Jahr 2010 ging die Rate auf 320 Verordnungen pro 1.000 Versicherte im Jahr 2018 zurück (−49 Prozent). Ein Grund für den signifikanten Rückgang der Verordnungsraten könnten die zahlreichen bundesweiten Initiativen zur Stärkung eines angemessenen Antibiotikaeinsatzes (bekannt unter der englischsprachigen Bezeichnung „Antibiotic Stewartship“) in Deutschland sein.
Nach einigen Tagen der Behandlung mit einem Antibiotikum sind die Bakterien zunächst nur im Wachstum gehemmt und noch nicht vollständig abgetötet. Bei zu kurzer Therapie können sie sich wieder vermehren und damit einen Rückfall verursachen oder Abwehrmechanismen, also Resistenzen, gegen die Medikamente entwickeln.