Immer noch ein Problem Tuberkulose

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass 1,7 Milliarden Menschen mit dem Erreger der Tuberkulose infiziert sind – das ist jeder vierte Erdenbürger. Laut WHO erkranken jährlich zehn Millionen Menschen an Tuberkulose (Tbc). 1,5 Millionen verstarben daran, meistens aufgrund unzureichender Behandlung. Damit führt Tbc die Statistik der tödlichen Infektionskrankheiten an.

Zuletzt überarbeitet September 2021

Labortests sichern Tuberkulose-Diagnose

Tückisch: Die Infektion kann über Jahre im Körper schlummern und sich erst dann zu einer Tuberkulose entwickeln. Darüber hinaus bilden zunehmend Resistenzen eine Gefahr und erschweren die Therapie. Die Diagnose von Tbc ist nicht einfach und im Verdachtsfall sind verschiedene Labortests und weitere Untersuchungen nötig, die bei der Unterscheidung zwischen offener und latenter Tuberkulose (LTBI) helfen.

Was ist das, die Tuberkulose?

Die Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit, die im Volksmund auch Schwindsucht genannt wird. Es war der deutsche Bakteriologe Robert Koch, der 1882 den Erreger der Tuberkulose, das Mycobacterium tuberculosis, als Erster beschrieben hat.

Auch heute noch existiert Tbc in Deutschland – eine schwere, hochinfektiöse, meldepflichtige Krankheit. Das Robert Koch-Institut zählte für 2016 insgesamt 5.915 Tuberkulose-Fälle in Deutschland, von denen 100 Patienten an der Erkrankung starben. Im Durchschnitt kamen demnach sieben Erkrankungsfälle auf 100.000 Einwohner. Für 2018 verzeichneten Experten des RKI erstmals wieder einen leichten Rückgang der gemeldeten Infektionen in Deutschland (5.429 Fälle). Seitdem gehen die Fallzahlen zurück. Für 2020 meldete das RKI 4.127 Fälle - fünf Erkrankte auf 100.000 Einwohner.

Trotz modernster Diagnoseverfahren und einem effizienten Überwachungssystem wird die Tuberkulose meistens zu spät entdeckt. Bereits wenige Erreger genügen für eine Ansteckung. Die Ansteckung erfolgt vorwiegend durch Einatmen kleinster Tröpfchen.

Wie entsteht eine Lungentuberkulose?

Die Tuberkulosebakterien werden mit der Atemluft in die Lunge transportiert, wo sie sich ansiedeln können. Kommt es zu einer Infektion, werden Antikörper gegen die Mycobakterien ausgebildet. Spezialisierte körpereigene Zellen schließen die Bakterien ein, und in der Lunge bildet sich ein kleiner Herd. Etwa sechs Wochen nach der Infektion wird die Immunantwort im Tuberkulin-Test positiv. Wenn das Immunsystem die Bakterien nicht unschädlich machen kann, entwickelt sich die Infektion weiter. Die Tuberkulosebakterien können z. B. über die Blutbahn auch in andere Organe transportiert werden und dort tuberkulöse Entzündungen verursachen (z. B. in den Lymphknoten, im Urogenitaltrakt, im Rippenfell und in der Hirnhaut).

Formen der Tuberkulose

Offene Tuberkulose

Bei einer offenen Lungentuberkulose scheiden Erkrankte die Erreger vor allem beim Husten und Niesen aus. Bereits ein bis drei Tuberkulosebakterien, die ein erkrankter Mensch beim Sprechen, Husten oder Niesen ausgestoßen hat, genügen für eine Ansteckung. Nur ca. 5-10 Prozent der Infizierten erkranken tatsächlich an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose. In den meisten Fällen wird der Erreger entweder vom Immunsystem bekämpft oder dauerhaft abgekapselt. In letztem Fall spricht man dann von einer latenten Tuberkulose.

Latente Tuberkulose:

Der oder die Infizierte hat den Erreger eingeatmet, aber er/sie bleibt ohne Symptome und ist auch nicht ansteckend. Ist das Immunsystem aber einmal geschwächt, kann es auch noch Jahre nach der Infektion zum Ausbruch und damit zu einer manifesten Tbc kommen. Bei 80 Prozent aller Erkrankten manifestiert sich die Infektion als Lungentuberkulose.

Krankheitssymptome

Am Anfang fehlen charakteristische Beschwerden. Die Betroffenen klagen über allgemeine Symptome wie Husten, Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Gewichtsabnahme, leichtes Fieber, Stechen in der Brust und Nachtschweiß. Besonders gefährlich für Betroffene und ihre Mitmenschen sind Infizierte mit einer offenen Tuberkulose, die keine Symptomatik zeigen: Die Erkrankung kann sich im Körper ausbreiten und die Umgebung wird durch das hohe Ansteckungsrisiko gefährdet. Immungeschwächte Menschen wie z. B. AIDS-Kranke und HIV-Infizierte sollten sich daher regelmäßig, etwa in halbjährlichen Abständen, untersuchen lassen. Auch bei einem länger als drei Wochen anhaltenden Husten sollte der Arzt aufgesucht werden.

Diagnose der Tuberkulose

Tuberkulin-Hauttest

Zum Nachweis einer latenten tuberkulösen Infektion stehen traditionell der Tuberkulin-Hauttest (THT) mittels Mendel-Mantoux-Methode sowie seit 2005 der Interferon-Gamma-Test bzw. Interferon-Gamma Release Assay (IGRA), als labordiagnostisches Verfahren, zur Verfügung. Die Diagnostik des Erregers ist jedoch kompliziert und die Methoden werden je nach Voraussetzung des Patienten oder medizinischer Fragestellung angewendet. Der intrakutan durchgeführte THT-Test wird in Deutschland nur noch für Kinder unter 5 Jahren empfohlen.

IGRA-Test

Für Erwachsene soll demnach der IGRA-Test verwendet werden. Beim IGRA-Testverfahren wird dem Patienten Blut entnommen, das in speziellen Teströhrchen außerhalb des Körpers mit spezifischen Erregerbestandteilen stimuliert wird. Hatte das Immunsystem Kontakt mit Tuberkulosebakterien, produzieren im Blut enthaltene Abwehrzellen (T-Lymphozyten) Interferon-Gamma. Dieses kann dann in den Teströhrchen nachgewiesen werden. Weitere wichtige Anschlussuntersuchungen zum Ausschluss einer aktiven Tuberkulose sind die Röntgenaufnahme der Lunge und bakteriologische Untersuchungen. Hierbei kommen sowohl molekularbiologische (Nachweis von Bakterien-DNS) wie auch kulturelle Nachweisverfahren (Anzucht des Bakteriums in speziellen Nährmedien) zum Einsatz, ebenso mikroskopische Untersuchungen.

Therapie der Tuberkulose

Ohne Behandlung würden etwa 50 Prozent der Erkrankten an Tuberkulose sterben und weitere 25 Prozent später einen Rückfall erleiden. Deshalb ist das Ziel der Behandlung die Abtötung des Erregers. Medikamente, die Patienten erhalten, nennt man Tuberkulostatika. Die wichtigsten Medikamente sind: Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA), Ethambutol (EMB) und Streptomycin (SM).

Behandlungsdauer

Die unterschiedlichen Wirkmechanismen helfen dabei, die Tuberkulosebakterien effizient zu bekämpfen. Deshalb werden anfangs vier verschiedene Medikamente eingenommen. Bei erfolgreichem Verlauf wird die Anzahl an Tuberkulostatika nach etwa sechs Wochen für weitere vier Monate auf zwei reduziert.

Kontrolluntersuchungen

Während der Behandlung werden in gewissen Abständen Blutuntersuchungen, Röntgenaufnahmen der Lunge und bakteriologische Kontrollen durchgeführt. Bei der Behandlung mit Ethambutol werden zusätzlich augenärztliche Untersuchungen und bei der Behandlung mit Streptomycin Kontrollen beim HNO-Arzt festgelegt.

Resistenzen und Rückfälle

Für die Behandlung von Rückfallerkrankungen, extrapulmonaler Tuberkulose oder resistenten Tuberkuloseerregern gelten andere Behandlungsmöglichkeiten und -zeiträume. Jedoch können ohne die Mitarbeit des Patienten auch die besten Medikamente nicht ihr volles Potenzial entfalten. Besonders wichtig ist daher, dass der Patient alle verordneten Medikamente konsequent, in vorgeschriebener Menge und zum richtigen Zeitpunkt einnimmt.

Resistenztestung im Labor

Weltweit sind immer mehr Tuberkulosebakterien resistent gegenüber den wichtigsten zur Behandlung eingesetzten Medikamenten. Resistente Erreger verursachen Erkrankungen, die schwerer zu behandeln und oftmals länger ansteckend sind. Resistenzen spielen eine immer wichtigere Rolle in der Behandlung der Tuberkulose. Besonders schwierig sind dabei multiresistente Tuberkulosebakterien, bei denen eine gleichzeitige Resistenz gegenüber den beiden wichtigsten Erstrangmedikamenten INH und RMP vorliegt. Empfindlichkeitsprüfungen mithilfe von Laborverfahren sind mittlerweile obligatorisch und für eine erfolgreiche Therapie notwendig. Dafür stehen die Proportionsmethode, das Verfahren mit Flüssigmedien und das Schnellresistenzverfahren zur Verfügung.

Meldepflicht

Nach dem Infektionsschutzgesetz müssen der bakterielle Nachweis und die Einleitung der antituberkulösen Therapie dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Die Meldepflicht besteht auch bei Tod des Patienten und bei Abbruch der Behandlung. Die Gesundheitsämter veranlassen gegebenenfalls auch Untersuchungen von Menschen, die mit einem Infizierten Kontakt hatten.

Gefahr latente Tuberkulose – wann und wen testen?

Die Tuberkuloseschutzimpfung wird derzeit in Europa nicht empfohlen, da die Prävalenz weniger als 0,1 Prozent beträgt. Mediziner sprechen sich inzwischen dafür aus – nach einer indikationsbezogenen Risikoabwägung –, solche Patienten zu screenen und bei positivem Testergebnis chemopräventiv zu behandeln, die ein erhöhtes Risiko für eine manifeste Tuberkulose haben. Dazu zählen die meisten Patientengruppen, deren Immunsystem entweder generell oder durch Krankheit oder Medikamententherapien (z. B. wegen Immunsuppression) geschwächt ist, enge Kontaktpersonen von Patienten mit einer offenen Lungentuberkulose sowie Menschen mit einer Abwehrschwäche (z. B. HIV-Infizierte, Diabetiker, Suchtkranke, ältere Menschen, Kleinkinder).