Was der Urin über die Gesundheit verrät Infoquelle Urin

Urin ist für die Ärzte eine wichtige Informationsquelle. Etwa 1.500 Liter Blut strömen täglich durch die Nieren. Hier wird das Blut permanent gereinigt: Wertvolle Stoffe werden zurückgewonnen, „Abfallstoffe“ wie Harnstoff werden mit dem Urin ausgeschieden. Ungewöhnlich hohe Mengen bestimmter Stoffe oder untypische Substanzen im Urin, wie beispielsweise Blut oder Bakterien, weisen auf Krankheiten hin. Sie sind labordiagnostisch bestimmbar und erlauben dem Arzt eine zielgerichtete Behandlung.

Zuletzt überarbeitet Oktober 2021

Urin: auf die Zusammensetzung kommt es an

Die tägliche Urinbildung von durchschnittlich eineinhalb Litern erfolgt in zwei Stufen: Die Nierenkörperchen (Glomeruli) entziehen dem Blut Wasser und gelöste Stoffe. Die übrigen Blutbestandteile wie Blutzellen, Eiweiße und Blutplättchen werden zurückgehalten. In einem zweiten Schritt wird in den Harnkanälchen (Tubuli) die endgültige Zusammensetzung des Urins festgelegt.

Störungen in der Niere

Harnwegsinfektionen

Bakterien im Urin deuten auf Harnwegsinfekte hin. Wenn die Keime über die Harnleiter hochwandern, entzündet sich auch das Nierenbecken. Meist lassen sich dann neben Bakterien auch weiße Blutkörperchen nachweisen. Bei einer chronischen Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) können sie sogar einziges Anzeichen sein.

Eiweiß im Urin

Eiweißkörper können die Nierenkörperchen nicht passieren. Deshalb enthält der Harn normalerweise kein Eiweiß. Tauchen dennoch vermehrt kleine Eiweißkörper auf, so sind die Harnkanälchen der Niere geschädigt. Bei einer Entzündung des Nierengewebes (Glomerulonephritis) passieren auch größere Eiweißkörper das Sieb der Nierenkörperchen. Mögliche Folge der Entzündung kann Eiweißmangel sein.

Blut im Urin

Blut im Urin ist ein Warnsignal für Nieren- und Harnwegstumoren. Es kann aber ebenso ein Anhaltspunkt für Nierensteine und eine Vielzahl anderer Funktionsstörungen der Niere sein. Meist ist das Blut mit bloßem Auge nicht erkennbar. Ein Urintest kann bereits winzige Mengen roter Blutkörperchen entdecken.

Diabetes: zuckersüßer Urin?

Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) heißt übersetzt honigsüßer Durchfluss, denn der Urin von Kranken schmeckt zuckersüß. Ab einer bestimmten Zuckermenge im Blut (über 180 mg pro 100 ml) werden die Nierenkörperchen überlastet. Der Zucker kann nicht vollständig zurückgewonnen werden. Die Folge: Zucker wird mit dem Urin ausgeschieden. Der Arzt stellt dies mit einem Labortest fest. 

Nierenschäden durch Diabetes verhindern

Bleibt ein Diabetes unbehandelt, schädigt der dauerhaft hohe Blutzucker die Nierenkörperchen. Eiweiße werden dann durchgelassen. Um Funktionsstörungen der Nieren frühzeitig zu erkennen, sollten Diabetiker und Menschen mit Bluthochdruck testen lassen, ob bestimmte Eiweißstoffe, wie z. B. Albumin, im Urin enthalten sind. Albumin muss auch in geringsten Mengen erfasst werden (Mikroalbuminurie), um die Nierenschädigung in einem möglichst frühzeitigen Stadium diagnostizieren zu können.

Wenn die Leber den Urin färbt

Die Farbe des Urins ist auch beim Gesunden nicht immer gleich. Wird zu wenig Flüssigkeit getrunken, ist der Urin gewöhnlich dunkler als normal, wird viel getrunken, ist er entsprechend heller. Ein fast dunkelbrauner Urin ist jedoch ein Warnsignal: Möglicherweise ist die Funktion der Leber beeinträchtigt. 

Frühsymptome für Leberschäden

Der Gallenfarbstoff Bilirubin ist für die Färbung des Urins zuständig. Ist der Leber-Galle-Darm-Kreislauf gestört, sammelt sich Bilirubin im Blut an und wird über den Urin ausgeschieden. Hohe Bilirubinkonzentrationen in Blut und Urin sind deshalb Frühsymptome für Leberschäden.

Harnanalyse

Teststreifen, die in den Urin getaucht werden, können erste wichtige Hinweise auf Krankheiten geben. Für viele dieser Untersuchungen wird der Morgenurin (erstes Wasserlassen am Tag) benötigt, denn er ist besonders konzentriert. Zur näheren Eingrenzung von Funktionsstörungen, zum Beispiel der Niere oder Leber, sind weitere diagnostische Methoden wie Bakteriennachweis, Aufschlüsselung der Eiweißstoffe, Suche nach der Bakterienart und Bluttests notwendig. 

Auffälliger Urintest: nicht immer krankhaft

Zeigt ein Urintest Veränderungen im Harn an, muss dies nicht immer auf eine Krankheit hindeuten. Nach Sport und Unterkühlungen oder während der Schwangerschaft sind beispielsweise häufig Eiweiße zu finden. Während der Regelblutung kann leicht Blut in den Urin gelangen und einen Harntest verfälschen. Eine leicht rötliche Färbung kann auch durch den Verzehr von Roter Beete entstehen.

Gut zu wissen: Urintest kann Männern mit Prostatakrebs helfen

Patienten mit einem lokalisierten Prostatakarzinom wird heute nicht immer sofort zu einer Behandlung geraten. Bei wenig aggressiven Tumoren kann eine abwartende Haltung mit regelmäßigen Kontrollen vorteilhaft sein, weil sie den Männern die Impotenz oder Inkontinenz erspart, zu denen es häufig nach einer Operation oder Bestrahlung kommt.

Bei Verdacht auf Prostatakrebs entscheiden Ärzte anhand des sogenannten D’Amico-Scores. Dieser setzt sich aus dem festgestellten Tumorstadium, PSA-Wert und der Beschaffenheit der Krebszellen zusammen. Für letzteren Faktor müssen Ärzte eine Gewebeprobe der Prostata entnehmen. Nicht immer sind die Gewebezellen der Teststellen repräsentativ für das Krebswachstum.

Mediziner erforschen darum, ob die Kombination eines Urintests mit den Ergebnissen des PSA-Tests eine Alternative bieten kann. Die Krebszellen hinterlassen eine genetische Signatur im Urin, die im Labor ausgewertet werden kann. Erste Studienergebnisse weisen darauf hin, dass dieses Verfahren ebenso gut wie der D’Amico-Score anzeigen kann, wie aggressiv der Tumor sich ausbreitet – und ein drohendes Fortschreiten der Erkrankung sogar bis zu fünf Jahre früher anzeigen kann.