Antibiotika: 40 bis 60 Prozent falsch verordnet

In etwa jedem zweiten Fall verschreiben Ärzte Antibiotika ohne ausreichenden Grund. Davon geht die Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie aus. Die unkritische Verschreibung trägt erheblich dazu bei, dass sich immer mehr Resistenzen entwickeln. Zu diesem Ergebnis kommen die Experten der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART).

So werden Antibiotika häufig ohne gesicherte Indikation und ohne vorausgehende Diagnostik eingesetzt. Vor allem bei Atemwegsinfektionen beobachteten die Experten, dass Ärzte oft Antibiotika verschreiben, obwohl diese nur bei bakteriellen Infektionen wirken. Einen Grund für diese Praxis liegt nach Einschätzung der Experten auch darin, dass Patienten beim Arztbesuch immer wieder gezielt nach einem Antibiotikum fragen.

 

Riskante Verordnungspraxis

Laut Bericht über den Antibiotikaverbrauch und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen in der Human- und Veterinärmedizin in Deutschland (GERMAP) stammen über die Hälfte aller Antibiotika-Verordnungen in den vergangenen Jahren von Allgemeinmedizinern (54 Prozent in 2008). Hinzu kommt ein weiterer riskanter Trend: Bakterielle Infektionen bekämpfen die Mediziner häufig auch dann mit Breitspektrum-Antibiotika, wenn ein spezifisches Schmalspur-Medikament ausreichte. Der Anteil der verschriebenen Reserve-Antibiotika liegt inzwischen bei 40 Prozent der Verordnungen. Die Gefahr: Im Ernstfall wirken die Breitspektrum- und Reserve-Antibiotika nicht mehr, da die Bakterien resistent geworden sind.

 

Labortests gegen Resistenzen 

Um die weitere Ausbreitung von Resistenzen zu vermeiden, sollten Ärzte vor jedem Antibiotika-Einsatz labordiagnostisch klären lassen, ob es sich bei dem Krankheitsbild des Patienten um eine Virus- oder bakterielle Infektion handelt. Müssen sie Antibiotika einsetzen, sollten Mediziner unbedingt mit einem Antibiogramm im Vorfeld der Therapie klären, auf welche Wirkstoffe der bakterielle Krankheitserreger resistent bzw. sensibel reagiert.

 

Abrechnung von Labordiagnostik

Einig sind sich die DART-Experten darin, dass differenzierte Labordiagnostik wesentlich dazu beiträgt, Antibiotikaresistenzen zu vermeiden. Sie fordern daher, die Erstattungsfähigkeit solcher diagnostischen Leistungen zu verbessern.

Als ein erster Schritt trat zum 01. April 2012 eine Vergütungsvereinbarung für die ambulante MRSA-Diagnostik und MRSA-Eradikationstherapie in Kraft. Die Vereinbarung gilt zunächst bis Ende März 2014 und erfasst bestimmte Risiko-Patientengruppen. Ärzte können diese Leistungen erbringen und abrechen, wenn sie neben dem Vertragsarztstatus MRSA-Zertifizierungen nachweisen können und regelmäßig an Fall- oder regionalen Netzwerkkonferenzen teilnehmen.

 

Quellen:

Paul Ehrlich Gesellschaft in einem Beitrag für ARD-Ratgeber Gesundheit

DART 2011

Entwurf DART 2013

GERMAP 2010

 

Mehr lesen zur Abrechung:

KBV-Informationen zur MRSA-Vergütungsvereinbarung

Wortlaut der Vergütungsvereinbarung

 

 

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