Die Osteoporose gehört zu den chronischen Volkskrankheiten und ist eine Erkrankung des Knochens, die in der Regel mit zunehmendem Alter auftritt: Die Knochendichte nimmt ab, der Knochen wird brüchiger. Die Osteoporose wird deshalb auch als Knochenschwund bezeichnet. Vor allem Frauen nach der Menopause sind davon betroffen.
Zuletzt überarbeitet September 2021
Der menschliche Knochen erscheint auf den ersten Blick fest, starr und unveränderlich. Dies ist er jedoch in Wahrheit nicht, sondern es findet ein ständiger Umbau statt, indem Knochenmasse ab- und aufgebaut wird. Bis etwa zum 30. Lebensjahr nimmt die Knochenmasse – stetig langsamer werdend – zu; danach herrscht einige Jahre ein Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau. Der etwa ab dem 40. Lebensjahr beginnende langsame Verlust an Knochenmasse gehört zum normalen Alterungsprozess. Gefährlich wird dieser Vorgang erst dann, wenn die Abbaugeschwindigkeit ein bestimmtes Maß übersteigt oder in rasanter Weise zunimmt. Die Folge: Osteoporose entsteht. Aufgrund der veränderten Altersstruktur – immer mehr Menschen werden immer älter – nimmt die Zahl der Menschen, die an Osteoporose erkranken, stark zu. Nach entsprechendem Verlust von Knochenmasse können Knochenbrüche auftreten; besonders betroffen sind Rückenwirbel, Oberschenkelhals und Unterarm. Neuere Daten weisen zudem darauf hin, dass nach einem ersten Knochenbruch das Risiko für weitere Brüche zunimmt.
Laut Dachverband Osteologie e. V. (DVO) sind derzeit sechs Millionen Menschen hierzulande von Osteoporose betroffen. Die Hälfte von ihnen wird im Laufe ihres Lebens eine Fraktur aufgrund von Osteoporose erleiden. Lediglich 20 bis 40 Prozent aller Betroffenen erhalten bislang eine adäquate Behandlung, sagt die wissenschaftliche Fachorganisation. Menschen, die von Nierenversagen, Krebserkrankungen und Autoimmunerkrankungen betroffen sind, sowie Frauen in den Wechseljahren zählen zu den besonders gefährdeten Gruppen. Zudem gelten inzwischen auch verschiedene kardiovaskuläre Erkrankungen und diätetische Lebensweisen (z. B. vegane Ernährung) zu Risikofaktoren.
Die Wechseljahre der Frauen begünstigen sehr häufig die Osteoporose: Das von den Eierstöcken produzierte weibliche Geschlechtshormon Östradiol wirkt nämlich nicht nur auf die Geschlechtsfunktionen, sondern hat eine schützende Wirkung auf den Knochenstoffwechsel. Es verhindert einen zu starken Abbau von Knochensubstanz. In den Wechseljahren nimmt die Produktion des Hormons stetig ab. Etwa 30 bis 40 Prozent aller gesunden Frauen entwickeln nach der letzten Regelblutung (Menopause) durch die erheblich abnehmende Östrogen- Produktion des Körpers eine Osteoporose. Sie bauen in dieser Lebensphase massiv Knochen ab, und zwar meist erheblich mehr, als durch Reparaturvorgänge des Körpers aufgebaut werden kann.
Ein weiterer Grund für den erhöhten Knochenabbau kann in einer suboptimalen Vitamin-D-Versorgung liegen, die häufig bei Frauen nach der Menopause zu beobachten ist, aber auch bei Männern ab dem 60. Lebensjahr. In vielen Fällen führt dies zu einer leichten bis deutlichen Mehrausschüttung von Nebenschilddrüsenhormonen (Parathormon). Darauf reagieren diese Personen unterschiedlich stark mit gesteigertem Knochenabbau.
Im Rahmen des DVO Kongresses 2019 wiesen Experten auf das Risiko hin, dass ein erster Knochenbruch aufgrund von Osteoporose häufig weitere Brüche nach sich zieht. Studien zufolge treten im ersten Jahr nach einer diagnostizierten Erstfraktur der Wirbelsäule bei etwa 15 Prozent der Betroffenen Folgefrakturen auf. Bei den Brüchen in der Nähe des Hüftgelenks kam es bei 12 Prozent der Betroffenen zu weiteren Knochenbrüchen.
Quelle:
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie
Dem Arzt stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung. Am häufigsten wird die Methode der Knochendichte-Messung durchgeführt. Sie kann jedoch nur eine Momentaufnahme des Knochenzustands liefern, was bedeutet, dass eine Osteoporose häufig zu spät – nachdem bereits ein erheblicher Abbau des Knochens stattgefunden hat – erkannt wird. Um rechtzeitig eingreifen zu können, ist es jedoch notwendig, den gesteigerten Knochenabbau frühzeitig zu erkennen.
Das aktuelle Osteoporose-Risiko lässt sich durch neue, hochempfindliche Bluttests ermitteln, die den Abbau von Knochenmasse und nicht die vorhandene Knochenmasse anzeigen.
Mit der Messung von Pyridinolin und Desoxypyridinolin (sogenannte Crosslinks) im Urin oder Typ-I-Kollagen-Telopeptiden im Blut ist ein erhöhter Knochenabbau frühzeitig erkennbar.
Eine weitere Möglichkeit, der Osteoporose auf die Spur zu kommen, ist die Untersuchung von 25-OH-Vitamin D im Blut. Besonders sinnvoll ist eine diesbezügliche Untersuchung zwischen Januar und April, da zu dieser Zeit bei den meisten über 50-Jährigen ein Mangel an Vitamin D vorliegt, der zu gesteigertem Knochenabbau führt. Mit der Messung von 25-OH-Vitamin D wird die Vitamin-D-Versorgung untersucht. Ein Mangel an Vitamin D begünstigt gesteigerten Knochenabbau.
Frauen sollten ab dem 50. Lebensjahr oder zwei Jahre nach der letzten Regelblutung alle fünf Jahre die Untersuchungen durchführen lassen, Männer ab dem 55. Lebensjahr ebenfalls alle fünf Jahre.
Gemäß der bis 2022 gültigen DVO-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern eignen sich diese Biomarker zur Diagnose einer Osteoporose:
Knochenaufbau
Osteocalcin (OC)
Prokollagen Typ 1 (P1NP)
Knochenalkalische Phosphatase (bALP),
Knochenabbau
Pyridinolin (PYD)
Desoxypyridinolin (DPD)
N-terminales Kollagen-Typ-I-Telepeptid (NTX)
C-terminales-Kollagen-Typ-I-Telopeptid (CTX)
Tartrat-resistent saure Phosphatase (TRAP5b)
Die aktualisierte Leitlinie zur Osteoporose-Behandlung wird turnusgemäß alle drei Jahre vom Dachverband Osteologie (DVO) veröffentlicht. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Januar 2020 ein Disease Management Programm (DMP) für Osteoporose beschlossen, das am 1. Juli 2020 in Kraft getreten ist. Das DMP richtet sich an Patientinnen und Patienten mit einer medikamentös behandlungsbedürftigen Osteoporose. Frauen können sich ab dem vollendeten 50. Lebensjahr in ein DMP einschreiben lassen, Männer ab dem vollendeten 60. Lebensjahr. DMPs sind strukturierte Behandlungsprogramme. Ziel des DMP ist es insbesondere, (weitere) Knochenbrüche zu vermeiden, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und Schmerzen zu reduzieren. Wann das neue DMP Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht, ist noch unklar. Die aktuelle Entwicklung wird unter anderem beim Verband der Ersatzkassen dokumentiert.