Diabetes Typ 1: Corona-Pandemie verzögert Diabetes-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen

Während der ersten zwei Monate der Corona-Pandemie in Deutschland ist Diabetes Typ I bei Kindern und Jugendlichen offenbar vielfach erst mit deutlicher Verzögerung diagnostiziert worden – mit zum Teil lebensbedrohlichen Folgen. Das stellte ein Forscherteam unter Beteiligung von Medizinerinnen und Medizinern der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) fest.

Kleiner Junge misst seinen Blutzuckerwert

85 Prozent mehr lebensbedrohliche Ketoazidosen

Im Zeitraum von März bis Mai 2020 registrierten die Forscherinnen und Forscher deutlich mehr Fälle von diabetischer Ketoazidose. Diese akute lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung tritt bei Insulinmangel auf und geht meist mit einer verspäteten Diagnose von Diabetes mellitus Typ 1 einher. Die Studie, die im renommierten „Journal of the American Medical Association (JAMA)“ veröffentlicht wurde, verwendete Daten aus dem deutschen Register der Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV, Datenauswertung Universität Ulm) von 532 Kindern und Jugendlichen, bei denen zwischen dem 13. März 2020 und dem 13. Mai 2020 die Diagnose eines Diabetes mellitus Typ 1 neu gestellt wurde. Die Studienautoren verglichen die Häufigkeit von diabetischer Ketoazidose mit den gleichen Zeiträumen der Jahre 2018 und 2019. Ergebnis: 2020 litten 45 Prozent der jungen Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose bereits an einer Ketoazidose. 2018 und 2019 lag der Anteil der Betroffenen im gleichen Zeitraum nur bei 24 beziehungsweise 25 Prozent. Dies entspricht einem durchschnittlichen Anstieg von 85 Prozent. Das höchste Risiko hatten jüngere Kinder unter sechs Jahren: Bei ihnen verdoppelte sich während der Corona-Pandemie das Risiko für eine Stoffwechselentgleisung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung.

Blutwerte prüfen

Wird ein deutlicher Insulinmangel zu spät erkannt und behandelt, entstehen Ketonkörper, die das Blut übersäuern. Unentdeckt und unbehandelt kann die körpereigene Vergiftung zum Koma führen und sogar tödlich ausgehen. Typische Anzeichen wie starker Durst, Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen, trockene Haut oder Schleimhäute, Bewusstseinsstörungen und nach Azeton riechender Atem weisen auf eine Ketoazidose hin. Bei entsprechenden Anzeichen oder Verdacht auf eine Ketoazidose sowie bei Blutzuckerwerten bei etwa 250 mg/dl sollten Betroffene bzw. Eltern auf jeden Fall die Säurewerte im Blut überprüfen. Dazu eignen sich Azeton-Harnteststreifen oder ein Blutzuckermessgerät mit speziellen Keton-Teststreifen.

Grundsätzlich gilt: Besonders bei Kindern mit Diabetes sollten Eltern und Betreuende im Ernstfall unbedingt den Notarzt rufen.

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